Dunkle keltische namen in Mitteleuropa

Eine schöne ständige baustelle, möglich gemacht durch den erwerb der quelle (K), später ergänzt durch (G). Spannend und überraschend ergiebig!

Grundlagen:

(D) = Berger, D.: Geographische Namen in Deutschland (Duden-Taschenbücher, 25), Mannheim & al. 1993
(F) = Dauzat, A. & Ch. Rostaing: Dictionnaire étymologique des noms de lieux en France, 2e éd., Paris 1984
(G) = Delamarre, X.: Dictionnaire de la langue gauloise, 2e éd., Paris 2003
(K) = Stokes, W. & A. Bezzenberger: Wortschatz der keltischen Spracheinheit (Fick, A. (ed.): Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen, 2. Teil), 5. aufl., Göttingen 1979 (unveränd. nachdruck d. 4. aufl. 1894)
(R) = Hepp, Armin E.: Völker und Stämme in Deutschland, Tübingen 1979
(S) = MacLennan, M.: Gaelic Dictionary, Aberdeen 1979

Teil 1: etymologische Einführung

Mir ist klar, dass ich mich auf äusserst wackliges terrain begebe. Deutsche ortsnamen mit bekannter keltischer herkunft hat (D) erläutert, diese (wie Mainz, Kempten etc.) brauche ich hier nicht aufzuführen. Mein gegenstand ist der „unsichere“ rest – der ist um so spannender, als ich dabei ziemlich auf mich allein gestellt bin. Versuche, etymologische aussagen aus dem Internet zu bekommen, hab ich so gut wie aufgegeben, die seltenen ergebnisse sind meist fragwürdig, wenn nicht offenkundiger unsinn. Mein arbeitsmittel war also anfangs fast exklusiv (K), was sicher eine gewichtige einschränkung bedeutet hat, besonders im hinblick auf das ehrwürdige alter des werks. Dem ist durch (G) abgeholfen, mit seinem beeindruckenden apparat – wenn auch auffälligen schwächen in geographie. Eine sonderrolle spielt (R). Das buch ist tendenziös-germanophil und stark auf die Rhön zentriert. Die keltischen namen von dort nehm ich trotzdem gern auf.

Was in (K)s wortschatz eindrücklich ins auge fällt, ist die indoeuropäische einbettung. Die meisten wortstämme haben (in dem ausmass für mich überraschend) reiche verwandtschaftsbeziehungen zu den anderen sprachfamilien, keltische solitärstämme sind deutlich in der minderheit. Es ist offenkundig, dass das urkeltische direkt aus der indo-europäischen grundsprache hervorgegangen ist, zumindest der west-indoeuropäischen. Daraus eine elementare erkenntnis: das von vielen autoren, darunter (D), (F) und (R), strapazierte „vorkeltische“ ist eine chimäre. Vorkeltisch kann nur die west-indoeuropäische grundsprache meinen. Die annahme, dass mitteleuropäische ortsnamen aus einer vor-indoeuropäischen steinzeit überlebt hätten, halt ich für äusserst unwahrscheinlich. Weiter im westen Europas, an den küsten, mag es anders aussehen, von Irland bis Spanien sind vorkeltische kulturen greifbarer, unter welchen namen immer: Atlantiker, Megalithiker … Vorkeltisch („alteuropäisch“) sind bei uns allenfalls die namen grösserer flüsse, aber die sind eben auch nicht „hiesig“.

Aus welchen keltischen sprachschichten stammen unsere mitteleuropäischen ortsnamen? Am fassbarsten aus dem gallischen (bzw. ostgallischen dialekten); denn so sprachen die hiesigen Kelten beim auftauchen der Römer um die jahrtausendwende. Im südosten wurde norisch gesprochen – von dieser keltischen sprache wissen wie so gut wie nichts. Durch die Römer sind uns überhaupt ortsnamen bekannt; es ist ein glück, dass sie viele übernommen haben (wie Sumelocenna/Rottenburg) und dass die römischen namen (in der regel gründungen, wie Ara Flaviae/ Rottweil) weniger als die hälfte ausmachen. Ein problem dabei ist, dass wir die keltischen namen nur in lateinischer form kennen. Zwar war die verwandtschaft zwischen gallisch und latein vor zwei jahrtausenden noch sehr eng, aber eine gewisse verformung wird die wiedergabe allemal mit sich gebracht haben. (Man denke nur daran, wie französisch entstanden ist: latein, unter germanischer herrschaft von keltischen zungen gesprochen – entsprechend klingt es.) Andererseits sind die gallischen neuerungen (ie. p/q-wandel, anlautveränderung oder verbentwicklung) struktureller natur, die namen kaum bzw. nur langsam verändert haben werden. Beim tendenziell hohen alter von ortsnamen dürften die namenskerne also überwiegend aus dem altkeltischen stammen, wenn nicht sogar – wie manche flüsse – aus der ie. vorzeit, sodass (K) ein grundsätzlich passendes etymologisches instrument darstellt. Das grössere problem dürfte sein, dass viele namen nur einmal vorkommen (z.b. auf der Tabula Peutingeriana), bei fragwürdiger schreibung also sehr in die irre weisen können. Noch schwieriger als die latinisierten namen sind die germanisierten (z.b. Neuffen). Selbst wenn eine mögliche keltische herkunft sprachlich plausibel erscheint, bleibt der generelle vobehalt, wie denn der name auf die Germanen gekommen sein soll, die ja viel seltener als die toleranteren Römer fremdes namensgut übernahmen (am ehesten flüsse, s. vorletzter absatz).

Bei meinen deutungsversuchen konzentrier ich mich auf die wortstämme, d.h. die stammsilben, in der regel die vorderen. Das klingt naiv und ist es wohl auch, aber mehr ist mir nicht möglich. Endungen in ihrer vielgestaltigkeit kann ich kaum einordnen, dazu fehlt mir genauere kenntnis der altkeltischen bzw. gallischen grammatik.

Grundsätzlich geh ich davon aus, dass in einem namen eher ein bestimmungs- als ein grundwort steckt. So halt ich, am beispiel des Inns, das bestimmungswort „grün“ für entscheidender als das grundwort „fluss“. (D) hängt der theorie von Hans Krahe an, wonach die meisten alteuropäischen flüsse auf einsilbige stämme zurückgehen, die alle mehr oder weniger „feucht“, „wasser“, „fliessen“ etc. bedeuten. Diesem theorem kann ich nichts abgewinnen; ich frage mit Sir Ivor Williams: „Why call a river ‚Water’?“ Was nicht bedeutet, dass im einzelfall nicht doch nur das grundwort überleben kann (beispiel Tauber von dubron, wasser); da wäre dann der bestimmungsbegriff verlorengegangen.

Ein wichtiges wort noch zu den namenskategorien berg, fluss, siedlung. Die grösste erwartung hab ich an bergnamen, die oft beschreibender natur sind, und recht banaler dazu (z.b. hoch-berg). Siedlungsnamen können das auch sein, heissen oft aber nach personen – dann wird jede geographische deutung müssig. Ein sonderfall sind die flussnamen. Sie sind in der regel die ältesten geographischen namen, weil sie weite räume über sprachgrenzen hinaus verbinden (wie Donau oder Rhein), also viel weniger der gefahr des regionalen verschwindens ausgesetzt waren und sind. In Mitteleuropa bedeutet das, dass so gut wie alle grösseren flüsse vorgermanische wurzeln haben. (D) geht denn auch bei flussnamen fast immer auf (west)indoeuropäischen ursprung zurück. Wenn ich also flussnamen behandle, dann nur, wenn ich keltische specifica anzuführen habe.

Abschliessend ein provokativer aspekt: Muss denn jeder name eine bedeutung haben? Ich meine, historisch ja: jede benennung hat ihren hintergrund. Praktisch aber: nein – denn die ursprüngliche bedeutung kann schon mit dem benenner oder bald danach untergehen. Ich seh es exemplarisch an unseren deutschen bergnamen – wieviele von ihnen verstehen wir nachkommen nicht mehr: den Zoller vor der Alb, den Pfänder überm Bodensee, den Säntis im Appenzellerland. Sind diese namen bezüge auf damalige ereignisse oder personen, oder sakrale benennungen – oder volkes spitznamen? Derlei bedeutungen herauszufinden ist einfach nicht mehr möglich, da hilft keine germanische, keltische oder andere wurzel weiter … Wenn dem namen Zoller ein individueller kontext vor 2500 jahren zugrunde liegt, kann ich lang und vergebens welche wörterbücher immer wälzen …

Teil 2: Die Namen

Altmühl (Alcmona)

Linker nebenfluss der Donau. Bei Ptolemäus Alkimonis. Der anklang zu Alcimoennis (s. Kelheim) ist ohrenfällig, wie dort vermut ich von akelt. alkis, elch (823 sogar Alchmuna). (Diese deutung nach (G) auch von K.H. Schmidt). Die endung -mona kann ich nicht erklären. Der deutsche name Altmühl ist nach (D) eine verballhornung des keltischen.

Ammer (Ambra)

Linker nebenfluss der Isar, auch flüsschen am Schönbuch. (D) leitet ab von ie. *ombh, feucht und vergleicht gr. ómbros, lat. imber, regen. (K) hat ambi-s, strom (gut belegt durch gall. eigennamen), verwandt mit lat. amnis. Augenfällige parallele zum wechsel mb-mn: die Ammer heisst in ihrem mittellauf Amper (was aber nichts heissen muss). Tendiere hier – ausnahmsweise – eher zum grundwort als zu einem unklaren regen-appellativ.

Asperg

(Mein wohnort 1991-2011, hallstattzeitliche akro/metro-pole, gehört – von der kategorie her – nicht hierher, der name ist germ.: 1181 in Ascisberc, 819 Assesberg, also „eschen-berg“. Falls aber je in gleicher bedeutung schon im keltischen, dann mein vorschlag: *Onnestidunon)

Augsburg (Augusta Vindelic(or)um)

„Augustus-stadt der Weiss-Lechner“ – s. Lech!

Avenches (Aventicum)

Nordöstl. exklave des kantons Waadt, alter hauptort der Helvetier. Nach (G) von aventia, fluss, quelle, einem europaweit vorkommendem wort, von der ie. wurzel *ab.

Baier (Artodunum)

Markanter nördl. ausliegerberg der Rhön, der galloromanische name nach (R), dann bärenburg.

Bitburg (Beda Vicus)

Stadt in der Eifel, an der römerstrasse Köln – Trier, hauptort des Bitgaus (pagus Bedensis im 8. jh.). Nach (D) „wahrscheinlich vorkeltisch und bisher unerklärt“. Der gelehrte Beda Venerabilis (um 700) kommt in der tat nicht infrage, vermute nach (K) bedo, grab (vgl. das Grabfeld in Unterfranken). (G) erklärt bedo eher als graben (fossé), auch das eine möglichkeit; vielleicht komm ich mal ins Bitburger Land, um zu entscheiden, ob eher gräben oder gräber. S. auch Seebruck!

Bregenz (Brigantium)

Stadt am Bodensee, an der stelle, wo die Voralpen beginnen. Gall. Brigantion, von akelt. brg, berg, bzw. brgant, hoch, erhaben. Vom gleichen wort der stamm der Brigantes (Brigantii) und die Brigantia, die Bregenzer Ach, sowie die keltische göttin gleichen namens (>ir. Brigid).

Brigach und Breg

Siehe Hüfingen und Villingen.

Brumath (Brocomagus/Brucomagus)

Stadt im Elsass. Eindrucksvolles beispiel dafür, was an einem buchstaben hängen kann (beide formen sind über-liefert). Wenn Broco-, dann von brokko-s und magos, Dachsfeld. Wenn aber Bruco-, dann von vroiko-s, heide, also Heidefeld. Soll die geographie entscheiden? Heidekraut wächst eher im bergland als in flusstälern – also eher Dachsfeld. (Über die lebensräume der dachse weiss ich nichts – vgl. immerhin Eschenz.)

Buchengau (Bacenis Silva)

Historische region, lage unsicher (nördliche Rhön und vorland?), neulat. Buchonia. Bacenis Silva wird von Cäsar erwähnt, (R) verortet vom Vogelsberg über die Rhön bis zum Unterharz, (G) im Harz (was zur buche nicht stimmt). (G) sieht in bac- eine germ. wurzel (die aber kein a kennt, nur bok- oder buk). Stimmiger von gall. bago-s, buche, suggestiv die form bagina. (Über das verhältnis c:g s. Weissenburg). Demnach, den Buchengau bestätigend, buchenwald. Vgl. auch lat. fagus.

Donau (Danubius)

Der fluss in Süddeutschland. Verwandt mit anderen europäischen flüssen (so Don, Dnjepr und Dnjestr zum Schwarzen Meer, Don in Schottland). (D) leitet ab von ie. dânu=flüssigkeit. Josef Schnetz hat diese bedeutung fürs skr. präzisiert, im Rigveda z.b. als „labender himmels-strom“. Diesem terminus schliess ich mich an – personifiziert führt er geradewegs zur proto-irischen göttin Danu, halbhistorisch geworden durch die irischen Tuatha Dé Danann (volk der göttin Danu). Danus eigenschaften gehen, allgemeiner, richtung schöpfende urmutter. Welche färbung die (skythische?) gottheit hat, auf die die Schwarzmeerflüsse deuten, lass ich gern offen …
(Die Donau ist ein gutes beispiel für meinen vorbehalt gegen die Krahetheorie. Was soll eine bedeutung „flüssig-keits-fluss“?)

Donnstetten (Clarenna)

Römisches kastell bei Donnstetten auf der Schwäbischen Alb (lage nicht ganz sicher). Bei (K) finde ich klaro-s, die tafel. Suggestiv das irische An Clár (Co. Clare), für die kalkplatte des Burren, einer der Alb ähnlichen landschaft. In der kette der Alblimes-kastelle lag Clarenna zwischen Grinario im Neckartal und Aquileia im Brenztal, also als einziges richtig oben auf der Albhochfläche. Unter vernachlässigung der enna-endung vermut ich: (das kastell auf der) hochfläche.

Eining (Abusina)

Römisches kastell an der Donau, unterhalb der mündung der Abens. Gehe davon aus, dass orts- und flussname identisch waren. Abu-, abona, fluss, bietet sich an, aber -sina ist mir unklar. Von sênâ, wetter (vgl. ir. sín), wetter-fluss; zieht die Abens mehr gewitter an als andere? (G) weist das s als vorkommenden bestandteil aus: Abus, Apsona – dann wäre das ina nur endung. Also auf jeden fall fluss, mit offenem appellativ. (Unbefriedigend.)

Enz

Bedeutendster linker nebenfluss des Neckars. Leider keine lat. form erhalten. (D) leitet Enzin (835) ab von einer *Antia, aus ie. *ant, vorderseite, stirn, also „grenzbach“. Bei (K) finde ich akelt. ántano, stirn, woraus Enzin laut-geschichtlich in der tat gut stammen könnte. Aber stirn=grenze? Die bekannte mittelalterliche grenze zwischen Alemannen und Franken auf eine frühere innerkeltische zurückgehend? Ich zweifle aus geographischen gründen: der Asperg ist zu nahe, das territorium des Hallstatt-oberzentrums dürfte kaum an der Enz aufgehört haben. Eher, vom keltischen Asperg aus gesehen, könnte die Enz der gegen-fluss gewesen sein zum gleich weit entfernten, aber breiteren Neckar. Ihr name könnte dann durchaus Antia gewesen sein …
Es gäbe noch eine weitere ableitung: akelt. endslo-s, „unterer“ laut (K). (G) kennt das wort nicht, aber ein solcher gallischer flussname hätte durchaus als Enzin überleben können. Dagegen spricht die geographie, denn der Neckar, nicht die Enz, ist der untere, aus dem flacheren kommende fluss (vgl. Untere und Obere Argen im Westallgäu).

Epfach (Abodiacum)

Dorf am Lech zwischen Landsberg und Schongau. Die -acum-endung deutet auf einen personennamen Abodios: der vom fluss (gall. abu).

Eschenz (Tasg(a)etium)

Schweizer gemeinde am ausgang des Bodensees. (G) liefert tasgos, tascos, taxos, dachs.

Faimingen (Phoebiana? / Pomione)

Röm. kastell an der Donau. Phoebiana wäre klar römisch, nach Phöbus=Apollo. Der Putzger sagt: Pomione. (K) liefert (p)omonaio-, eiche.

Feldkirch (Clunia)

Stadt in Vorarlberg. (G) liefert gall. clunia, wiese, weide. Auch in Irland, z.b. Cluan Meala (Clonmel).

Gauting (Bratananium)

Stadt südl. München. Vielleicht von akelt. bratu-, gericht?. Der hintere teil ist mir unklar.

Hohenhöwen (-hewen)

Markanter phonolithberg im Hegau. Der geologe M. Geyer, in „Vulkane im Hegau“, Landesvermessungsamt, Stuttgart s.a., behauptet unbelegt eine „keltische Bezeichnung für Kegel (‚hewen’) oder Berg (‚keven’)“. Finde bei (K) kebennâ, kebno-, der rücken, was – im gegensatz zu den Cevennen – zum Höwen nicht passt, allenfalls adjektivisch als hinter-berg? (wie kymr. tu cefn, hinten). Aber von wo aus hinten – vom Petersfels? Zu diesem uralten siedlungsplatz würde immerhin die himmelsrichtung passen, denn für die Kelten ist der westen „hinten“. Vielleicht aber auch von *keva, gross sein, mit der einen ableitung kavaro-s, mächtig (verwandt mit gr. kýrios) und der anderen kuno-s, gross, das entspräche durchaus dem charakter des berges, vor allem, wenn man beide formen (und bedeutungen) kombiniert, etwa in ein *kevno-s. – Alles aber unter einem grossen vorbehalt: dass höwen germ. ist und einfach „höhe“ meint – mit späterem „hohen“-pleonasmus …

Hohentwiel

Markanter phonolithberg im Hegau. Früheste form laut (D) von 1005: de monte Duello. Ich finde *dvei, fürchten, daraus ir. dóel, der schrecken. Also etwa die „burg Schreckenstein“, vgl. auch das Schreckhorn im Berner Oberland. (M. Geyer – der vom Höwen – spricht von einem keltischen dwell, aber das ist modernes engl. (wohnen) und hat keine deutsche entsprechung …)

Hüfingen (Brigoban[n]e)

Stadt am Donau-ursprung, genauer an der Breg, 3 km vor dem zusammenfluss mit der Brigach. Brigo bezieht sich offenbar auf diese zwei quellflüsse. Der name der beiden ist identisch, das -ach der Brigach ist spätere (alemannische) hinzufügung zur unterscheidung. Die prosaische bedeutung “bergfluss” mutet merkwürdig an: es ist doch klar, dass jeder fluss von der höhe ins flache fliesst. Stimmig wird sie, wenn ich annehme, dass sich die bedeutung auf die Donau bezieht: dann wären die beiden die “Bergdonau”. Banne/bane leit ich ab von bonu, wurzel, unteres ende (ir. bun, grund), also der ort am unteren ende der Bergdonau.
Der erste teil des namens, brigo-, ist überdies namensgebend für die von Herodot erwähnte siedlung Pyrene – s. Villingen.

Inn (Aenus)

Rechter nebenfluss der Donau aus den Alpen. Schon im altertum gr. Aînos oder Énos. (D) bemüht ein mir. en, wasser – ein abwegig-schwammiges grundwort, wenn es ausgerechnet bei so einem grossen fluss vorkäme und sonst nirgends. Finde bei (K) aunios, grün, mit nur einer späteren referenz, ir. úaine, also wohl schon akelt. ein eher seltener stamm. Vermute herkunft aus einer verwandten sprache: naheliegend, weil Alpen-nah, wäre das rätische oder venetische. (Es grüsst „Kufstein am grünen Inn“ …)

Isny (Vemania)

Stadt im Westallgäu. (G) bezeugt einen personennamen Vomania, zu vo, unter, und manos/-us, „bon“? Die abschwächung vo>ve kommt zwar vor. Aber was hat der name bedeutet: doch nicht „suboptimal“? (K) gibt veimen- an, kette; sein ir. fiamh finde ich aber in dieser bedeutung in keinem wörterbuch, auch nicht bei (S). Die lat. verwandtschaft vimen, weidenrute, flechtwerk, würde immerhin einen ortsbezug eröffnen. Am wahrscheinlichsten, bei (K) wie (G) angegeben, scheint mir *moni, *maniâ, hals, nacken (so auch skr. mányâ). Beide begriffe kommen, wenn auch selten, als ortsnamen vor, z.b. Halsberg in der Hallertau oder mehrere Nackberge. Also siedlung unterm nack – die Isnyer umgebung würde die bedeutung hergeben. (Man könnte auch versucht sein, „halskette“ abzuleiten – aber dafür gab es eigene wörter: maniakos oder ir. muin-torc, der so typisch keltische halsring …)

Ipf (Opia/Opie)

Markanter Alb-zeugenberg im westlichen Ries. Von gall. *ops, auge (nach (G) erschlossen aus eks-ops, ohn-auge, blind; verwandt mit gr. ops, lat. oculus etc.). Ob der „augen-berg“ wirklich einen „Schau-(Lug)insland“ meint, also aussichtsberg in unserem modernen sinn, lass ich offen.

Jagst (*Jagasa)

Der fränkische fluss. (D) begründet die eisige mit ie. wurzel; es geht auch direkter: akelt. iagi-s, eis.

Kelheim (Alcimoennis)

Eigentlich der Michelsberg bei Kelheim, mit einem bedeutenden oppidum. Vermute alkis, elch, und maini, stein (vgl. auch lat. moenia), also elchstein.

Kirchzarten (Tarodunum)

Dorf östl. von Freiburg im Breisgau. (D) vermutet „burg des Taros“ oder „burg am bach Taros oder Tara“. Dunon, burg ist klar, verknüpfe aber den appellativ eher mit tarvos, stier, mit ausgefallenem v. (G) sieht taro- als übergang („qui traverse“) – an der stelle, wo aus zwei quellbächen die Dreisam anfängt, wenig wahrscheinlich.
(Persönliche anmerkung: am 20.6.15 bin ich von Niederwinden im Elztal über den Kandel nach Kirchzarten gewandert, 37 km, 1420 hm. Abends am ortseingang mein stolzes fazit auf gallisch: „Eni Tarodunon cingimi!“)

Köngen (Grinario)

Römisches kastell (mit vicus) am Neckar, teil des Alblimes. Bei (K) find ich grano-n, das korn, also kornspeicher? Einwand, dass die Römer den namen wohl in ein analoges, ihnen geläufiges Granarium umgewandelt hätten. Woher das i? Anleihe im gälischen: grian, sonne, so nach (S) auch air., fehlt bei (K) und (G), muss aber akelt. existiert haben, neben der form sulis (bret. heol). Vermute sonn-stetten.

Konz

Stadt an der Mosel, an der mündung der Saar. Das flussaufwärts gelegene Contz-les-Bains (1200: Cand) laut (F) von condâte, zusammenfluss. Eine merkwürdige bezeichnung für das dorf, um das herum nur ein paar bäche münden, um so überzeugender aber für Konz, wo Mosel und Saar zusammenfliessen. (Lapsus von (F): „mot pré-celtique“, was von (G) widerlegt wird.) Ein problem: Konz soll in der Römerzeit eine kaiservilla „Contionacum“ gewesen sein. Eine verballhornung von Condate? Oder ein personenname Contios? Oder kuriose vertauschung von Konz und Contz-les-Bains?

Kraichgau

Rheinnahe hügellandschaft zwischen Odenwald und Schwarzwald. Laut (D) vorgermanisch, aber nicht sicher erklärt. Bei (K) lautlich passend kriqâ, die grenze, das gebiet. Demnach zwei möglichkeiten: a) wenn vom zentral fliessenden Kraichbach, dann “grenz-bach“ zwischen zwei stämmen, die sich das gebiet geteilt hätten; oder b) das ganze gebiet, dann wäre das bestimmungswort untergegangen und das grundwort erhalten geblieben. b) überzeugt mich mehr, also ein keltisches Gäu (mit dem es auch landschaftich eine gewisse ähnlichkeit aufweist). Wonach der Kraich=Gau ein schöner pleonasmus wäre …

Kusel

Stadt in der Pfalz. Im 9. jh. Cosla. Laut (D) vordt., aber nicht sicher gedeutet. Erkenne koslo, hasel, ein keltisches Haslach.

Ladenburg (Lopodunum)

Stadt am Neckar zwischen Mannheim und Heidelberg, in antike und mittelalter oberzentrum anstelle jener. Nach (D) eventuell vom personennamen Lopos (unsicher). (G) erwägt eine p-entsprechung zu gall. lucos?, wolf, also Wolfs-burg, allerdings wäre – zumal aus römischer sicht – eher Lupo- zu erwarten, woher das o? Eine q-variante mit o wäre locu, see – aber Seeburg am Neckar? Der q-ausweg erscheint mir verzwungen; dann noch eher akelt. lopujo-, ruder (kymr. llywio), also ruder-burg?, in welcher näheren bedeutung immer (immerhin flussbezogen).

Lech (Licca)

Rechter nebenfluss der Donau aus den Alpen. 2. jh. gr. Líkios, Likía. Nach (D) verwandt mit kymr. llech, steinplatte, und bret. lec’h, grabstein, also steinig, was auch einleuchtet. Finde bei (K) das urwort (p)lkka, flacher stein („flach“ ist verwandt!), anderswo lêvink, stein, woraus air. lia, verwandt damit ahd. leie (z.b. Lore-ley!). (S) führt die beiden stränge zusammen: air. lie, gen. leac: in der bedeutung „schiefer(platte)“ – „slate“ hat auch mein kymr. wörterbuch für llech. Ob bret. lec’h von dort kommt oder von loga, grab, kann hier offenbleiben. Vom flussnamen auf jeden fall der stamm der Licates (unterhalb von Füssen) – also steinleute bzw. steinflussleute. Wie auch, weiter flussabwärts, die Vindelici (die „Weissensteiner“ bzw. „Weisslechner“).

Leutkirch (Cassiliacum)

Röm. burgus, genaue lage unklar (Kieseleck?, Kesselbrunn?, keins von beiden?). Die -acum-endung deutet auf einen personennamen Cassilios/-us, mit gall. cassi-, haar.

Main (Moenus)

Grösster rechter nebenfluss des Rheins. (D) strapaziert eine alteurop. wasser-bezeichnung *moin (dazu flüsse in Irland (Maín) und Polen (Mień), nebst einem lett. maiņa, sumpf). Weit hergeholt und ziemlich sporadisch – vermute viel eher von maini, stein, also der steinige. Vgl. Kelheim und Lech (und die einführung …).

Metter (Matisona)

Linker nebenfluss der Enz. Von matis, gut (vgl. ir. maith, bret. mad), also etwa Gutach. Vgl. auch Walheim! (G) gibt mati-sona auch als gut-schlaf an, aber das gibt bei einem flussnamen wenig sinn.

Metzingen (Armisium)

Stadt an der Erms. Deutung sehr unsicher. Von gall. aramo-, ruhig (??). Die Erms, als Neckarzufluss, ist (war damals) eher nicht ruhig. Dagegen sprechen auch die belege bei (G), bei denen das binnen-a nirgends ausgefallen ist. Oder are-, vor, östlich von (vgl. Are-late, Arles)? Aber vor wem oder was, vor der Alb? Und was würde -mis- bedeuten? Die neukeltischen berge haben statt s alle t-laute: monaidh, mynydd etc., ausserdem durchfliesst die Erms ja die Alb …

Milseburg (Andrastabriga?)

Markanteste erhebung der nördlichen Rhön. Den gallischen namen kenn ich nur von (R), das a vor -briga weist auf eine frau: burg der Andrasta (?). Zum deutschen namen gibt (R) an „mils, riese (wahrscheinlich venetisch-illyrisch)“ – eine abwegige herkunft. (D) vermutet einen kelt. bachnamen *Milisa, ohne ableitung. Die irischen Milesier scheiden aus (dieses eroberervolk ist eher eine mittelalterliche mythologie), wahrscheinlicher wäre gall. melissa, laut (G) und (S) auch air. milis, süss. (D) merkt an, dass auch bei Hammelburg in der südl. Rhön ein Milsibach bezeugt ist und auch Melsungen (an der Fulda, anno 802 ein pagus Milisunge) „wahrscheinlich auf einen alten flussnamen zurückgeht“. Den bach/fluss-ursprung bezweifl ich aus zwei gründen: a) süss ist jeder bach; b) warum heisst die Fulda dann nicht Milse oder Milspe? Die bedeutung weist eher auf einen personen-namen – eine gallische fürstin oder priesterin Melissa? Aber Melissa – Andrasta? Alles sehr hypothetisch …

Murr (Murra)

Rechter nebenfluss des Neckars, mündet gegenüber dem Benninger kastell Ad Murram. (K) liefert mutro-s, dunkel. Die keuper-geologie des Schwäbischen Waldes würde nicht dagegen sprechen.

Nassenfels (Vicus Scuttarensium)

Markt westl. Ingolstadt, mit röm. Kastell, an der Schutter. So germanisch sie klingt, muss die Scuttar-a oder der -us eine keltische wurzel haben. (G) liefert scotta, ein zweispitziges eisenwerkzeug, und verwirft „bétail“ von (K). Dort steht skottos, herrscher, besitzer, verwandt mit altslaw. skotu, vieh, besitz, und got. skatts, schatz (vgl. lat. pecu/pecu-nia). Vieh könnte passen, s. Ochsenbach o.ä.

Neckar (Nicer)

Die älteste lat. form Nicar (3. jh.) führt (D) auf ie. *nêik/nîk/nik, heftig anfallen, losstürmen, zurück. Das scheint mir dem charakter des flusses nicht zu entsprechen, vgl. den gemächlichen anfang im Schwenninger Moos und auch weiter flussab. Mir ist dabei klar, dass der fluss nach der eiszeit wilder war als heute, dass schleusen und andere regulierungen ihn gebändigt haben, aber das gilt für alle unsere flüsse: der Neckar ist im allgemeinen vergleich kein „reissender“ fluss, wie z.b. die Isar (die „heftige“…). Ich finde – plausibler – bei (K) nigô, ich wasche (mit ableitung niktos, rein) und vermute *Nik-ariosder reinigende.

Neuburg a. d. Donau (Venaxamodurum)

Residenzstadt westl. Ingolstadt, mit röm. kleinkastell. Grundwort ist duron-, tor, befestigung. Der appellativ ist vermutlich ein personenname. (G) liefert veni-, familie, clan (vgl. ir. fine), führt auch eine Uenixama an – aber der name ist erkennbar ein gall. superlativ: zu einem subjekt? Greife lieber mit (K) auf die akelt. grundbedeutung *ven, lieb zurück (verwandt u.a. mit germ. win/vän, lat. Venus). Der name Venaxamos hiesse dann einfach der allerliebste.

Neuffen

Markanter Alb-auslieger, kein lat. name bekannt. Mhd. Niufa weist auf akelt. noibos, heilig. Die neuzeitliche festung ein alter tempelberg? Warum nicht, in friedlicheren bronzezeitlichen umständen? – die militärische bedeutung des isolierten berges für das spätkeltische Heidengraben-oppidum dürfte sich in grenzen gehalten haben. Bekräftigend der wohl verwandte Nephin (ir. Néifin) im irischen Co. Mayo, auch er ein herausragender berg mit der assoziation „sanctuary“ (ir. naofa).

Neukirchen am Teisenberg (Artobriga)

Artobriga erwähnt auf der Tabula Peutingeriana, zwischen Chiemsee und Salzburg, lange verschollen, erst jüngst durch tiefbauarbeiten lokalisiert, weiter südlich als bisher vermutet. Bedeutet bärenburg.

Partenkirchen (Part(h)anum)

Teil der bayr. kreisstadt Garmisch-P. Laut (D) von den Parthern (??) oder einem personennamen Partus (lat. „der geborene“)?? Finde bei (K) sqerto-, qarto-, teil, abteilung?, daraus z.b. ir. cuid, kymr. parth. Auch nicht ganz überzeugend. Vielleicht liegt auch gar kein keltischer, sondern ein rätischer name zugrund?

Rhön

Zentrales deutsches mittelgebirge, von den Kelten im frühen LaTène besetzt. Laut (D) vordeutsch, im 9. jh. z.b. Roen. Finde in (K) roino-, hügel?. (R) bietet eine suggestive alternative: von isländisch „hraun“ (au gesprochen öj!), lavafeld – das wäre sehr passend zur basaltischen Rhön! Der autor vertritt die theorie, die Rhön sei in der bronzezeit von eingewanderten Norwegern besiedelt worden – mag sogar sein, nur gibt es in Norwegen keine lavafelder …

Rottenburg (Sumelocenna)

Bedeutendste römische siedlung (civitas) am Neckar. Die vermutung von (D), Sumelos sei ein personenname, wird durch (G) bestätigt: der „gut-milde“. „Obscur“, so (F), bleibt das grundwort cenna. (D) vermutet „nachkommenschaft“; wäre durchaus ableitbar aus gena>cena (mit gemination), passt aber nicht auf das pendant Nemeto-cenna (Arras) – es muss ein ortsgrundwort sein. (K)s qennos, kopf, ende, scheidet aus, weil a) maskulin und b) gall. zu pennos geworden. (G) führt gall. ceno-, „long, loin“, zeitlich wie räumlich (ir. cían nur noch zeitlich, mit richtung „traurig“) an. Eine „Länge“ kommt südl. der Baar vor, aber nicht im tal, sondern als teil des Albtraufs. Eher einen sinn würde weite? ergeben: Rottenburg ist (sicher nicht zufällig) da gegründet worden, wo das bis dahin enge Neckartal den muschelkalk verlässt und sich in die Tübinger auen weitet. Gegenprobe Nemetocenna: auch Arras liegt an einer stelle, wo sich ein tal (der oberlauf der Scarpe) ausprägt. Es bleiben einwände: a) loin, weit meint eher eine entfernung als eine breite; b) statt der adjektivisch aussehenden form wär ein abstraktum zu erwarten, z.b. centu-; c) was genau wäre die „weite des Sumelos / des heiligtums“? Ergänze talaue? — Sehr wacklige hypothese, confiteor – bloss ein ansatz …

Seebruck am Chiemsee (Bedaium)

Römisches kastell mit grösserer siedlung an der strasse Augsburg – Salzburg. Bedo- laut (G) „fosse, canal“, laut (K) grab. Am suggestivsten erscheint kanal?, in verbindung mit der Alz, die bei Seebruck den Chiemsee verlässt. Bedaium hatte ein bedeutendes heiligtum: zahlreiche römische votivsteine (u.a. aus Salzburg) sind dem lokalen gott Bedaius geweiht (offenbar der nachfolger des keltischen stammesgottes, des Teutates). S. auch Bitburg.

Sieg

Fluss, rechtsrheinisch. Laut (D) *Segana/Sigana-, also gewaltig, siegreich? Bevorzuge ableitung von seigi-, milch, also die milchige (?). Geographisch denkbar: der fluss kommt vom Rothaargebirge herunter und überschwemmt gern die auen des unterlaufs. Wenn die gallische Seq(u)ana auch hierzu gehört, wäre deren q-rätsel gelöst …!

Solothurn (Salodurum)

Stadt an der Aare, von sal-, salz, also ein helvetisches salzburg.

Steinsburg (Segodunum)

Der Kleine Gleichberg in der Rhön, der keltische name nach (R), dann von sego-, sieg, also ein siegburg in der Rhön.

Sugambrer

Volksstamm, rechtsrheinisch, gilt als germanisch, meine aber einen keltischen namensursprung zu erkennen, nämlich su-com-brogi, gut-mit-ländler, also gute landsleute. Vgl. die britannischen Waliser, die besser Kambrier heissen sollten, com-brogi, analog der geologischen formation; nach ihrem nördlichen zweig die nordenglische region Cumber-land, neuerdings passender: Cumbria. (Den gegenbegriff bilden die gallischen Allo-broges, die ausländer …)

Taben

Ortsteil von Taben-Rodt, an der Saar. Der fund eines römischen grabsteins mit der aufschrift „Tavena“ weist auf eine der seltenen weiblichen ortsbenennungen hin. Die wurzel ist gall.: nach (G) tavios, still, ruhig.

Teck

Markanter Alb-auslieger. Von akelt. tegos, haus, mit fehlendem bestimmungswort (hohes, schönes, ein personen-name)? Eher aus tekkô, fliehe, also zuflucht (vgl. die am Kniebis oder das Fluchthorn in der Silvretta).

Teutonen

Der berühmte volksstamm, der mit den Kimbern gegen die Römer zog und bei Aquae Sextiae von Marius und Sulla geschlagen wurde. Gilt als germanisch (in der folge sogar als deutsch-germanisch schlechthin), hatte aber keltischnamige anführer (Teutobod, Lugios) und selbst einen keltischen namen, nämlich von toutâ, volk, also volksleute.

Theilenhofen (Iciniacum)

Dorf zwischen Gunzenhausen und Ellingen, mit röm. kastell. Die -acum-endung legt einen personen-namen Icinios nahe. Die suggestiven britischen Iceni verbindet (G) mit (p)ic(c), steil, spitz(hacke), specht?. (In der älteren wiss. literatur ist Iciniacum, wohl fälschlich, in Itzing bei Monheim verortet worden.)

Tigerfeld

Dorf auf der Zwiefalter Alb. Vermute aus akelt. tegernos/tigernos, häuptling, also fürsten-feld. Ebenso Tegernsee etc., was (D) von ahd. *tegar?, gross?, ableitet. Falls es dieses vermutete adjektiv je gegeben haben sollte, könnte es erst recht bzw. ebenso gut ein lehnwort aus dem keltischen gewesen sein … (Wobei tegernos vom stamm teg-, haus (wörtl. verwandt: dt. dach) kommt, wie der lat. dominus von domus – beidesmal also der „haus“herr …)

Trier (Augusta Treverorum)

Mosel-metropole, als spätrömische kaiserstadt bekannt. Die Treverer gelten als germ.-keltisches mischvolk. (G) leitet ab von gall. trê-, durch, und ver-, fahren, also trevero, „passeur“ („Les Trévires faisaient passer la Moselle“). Meine eher akelt. treb, gebäude, hof, und vêros, mann, also die hofleute.

Tromm

Zentraler bergzug im Odenwald. Erkenne akelt. drotsmen, daraus ir. druimm, rücken, was zum bergcharakter passt.

Ulm

Vermute banal akelt. lmos, ulme. (D) bestreitet den zusammenhang und bemüht angebliches ie. uel/el (wälzen/fliessen), mit hinblick auf den zufluss der Blau … Dann eher noch Hulma (so Keinath) aus kalamo-, halm oder rohr, also Donau-gemäss „ried“lingen …

Villingen (Pyrene)

Stadt an der Brigach, beim Magdalenenberg, dem hallstattzeitlichen riesengrabhügel. Meiner überzeugung nach das im 5. jhdt v. Chr. von Herodot erwähnte Pyrene (eine der ganz seltenen zeitgenössischen referenzen). Der wortlaut bei Herodot heisst: “’Istros te gàr potamòs archámenos ek Keltôn kaì Pyrênês pólios” (“Der Ister entspringt nämlich bei den Kelten und der stadt Pyrene …”). Der name Pyrene ist deutlich gräzisiert, er hiesse akelt. etwa “Brgana”. Der bezug zu Brigach und Breg (zu deren keltischer wurzel s. Hüfingen) ist offensichtlich.
Die „offizielle“ archäologie verortet Pyrene unisono an der Heuneburg – ich bin überzeugt, es besser zu wissen …

Walheim (Vicus Matisonensium)

Ort am Neckar, kreis Ludwigsburg. Römische siedlung, was schon die silbe Wal- (welsch) bezeugt, von der Jupiter-säule zu schweigen. Offenbar hauptort der Metter-leute (s. Metter). Kleines bedenken: Walheim liegt nicht an der Metter – die mündet bei Bietigheim in die Enz, gute 5 km südlich. Andererseits: wenn sich das stammesgebiet vergrössert hätte, mit sitz-verlegung an den grösseren fluss?

Weissenburg (Biriciana)

Stadt in Franken, mit römischem kastell „castrum Biriciana“. Die ana-endung weist auf einen flussnamen: die Schwäb. Rezat. Finde bei (G) gall. birros, kurz: das würde passen zur längeren Fränk. Rezat. „Kurz“ ist aber kein geographischer begriff: es gibt keine kurz-flüsse … Origineller ist eine andere deutung, vom Donauursprung her gedacht. Die Donauquellflüsse Brigach und Breg bedeuten auf keltisch “berg(fluss)”, auf die Donau bezogen. Eine gallische „Brigana“ würde auch auf die Rezat passen, wäre dann sogar ein keltisches grundwort, im sinn von „ober-lauf, quellgebiet eines gegabelten flusses“. Könnte Biriciana Brigana entsprechen? Denkbar: g/c ist sowohl im lateinischen wie im gallischen austauschbar, (G) betont „la confusion graphique fréquente entre c et g …“. Die zwei überzähligen (unbetonten) i wiegen demgegenüber wenig.

Wels (Ovilava)

Zweitgrösste stadt von Oberösterreich, an der Traun. Ovi- bedeutet nach (K) wie (G) schaf, probleme bereitet das -lava. Nach (G) kann es ein adjektiv „klein“ sein, von lauo-. Aber was soll das schäfle im ortsnamen? Es gibt zwei weitere stränge: a) lavenos, glücklich, zufrieden (bret. laouen, kymr. llawen, nach (G) gibt es danach einen ortsnamen Lavenay im dept. Sarthe); b) lautron, bad. Ich lasse schafsglück oder schafsbad oder was sonst offen …

Wertach (Virdo)

Rechter nebenfluss der Donau aus dem Allgäu. Der bestimmungsname scheint zunächst klar zu sein: germ. „wert, wörth“, flussinsel. Das römische Virdo weist aber auf akelt. virjó-s, grün, was auf den oberlauf schön passen würde. Zum d-laut vgl. akymr. guird, nkymr. gwyrdd.

Winterthur (Vitudurum)

Stadt im kanton Zürich. Finde bei (G) gall. vitu-, weide(nbaum). Dazu duron, tor, fester ort, also weiden-stetten (Weiden).

Worms (Borb[m]etomagus)

Die Nibelungen-stadt am Rhein. Das grundwort magos, „feld“ ist klar, zur bedeutung des flüssleins *Borb[/m]ita sagt (D) nichts. Vorab zum lautverhältnis b/m/v: b und m sind im keltischen verwandte laute, leicht austauschbar (etwa mrog>bro, „mark“, grenzland). In allen neukeltischen sprachen aspirieren b und m zu v-lauten. – Für „b/v“ liefert (K) bervô, siede, walle; für „m/v“ gormo-s (warm, lat. formus, gr. thermós). Statt mich nun für eine variante zu entscheiden, möcht ich sie gern zusammenführen. Auf der einen seite ist sich (K) unsicher, woher das gallische bormo- stammt (das etliche eigennamen bildet); auf der anderen seite ist ein gallischer bädergott Borvo(s) bezeugt. Den muss ich nur verdinglichen und habe eine (synthetische) neubildung: bormo= warm sprudelnd=“bad“ – ein begriff, den die vorrömischen Kelten ja so nicht kannten/brauchten …. Also Badfelden. Mit interessanten rückschlüssen: Das ital. thermalbad Bormio (ehem. dt. name Worms!) kommt vom gott Borvo(s), ja – aber warm=thermal ist auch nicht falsch! Und das lothringische Bourbonne-les-Bains – ist ein glatter pleonasmus!

Zurzach (Tenedo)

Stadt im Aargau, bei einem alten flussübergang über den Hochrhein. Die o-endung ist merkwürdig. Wohl von te(p)net, feuer. Vgl. das flussaufwärts gelegene Feuerthalen (ZH) – signalstationen über den fluss hinweg?

Teil 3: Römisches gegenregister

Abodiacum – Epfach
Aenus – Inn
Alcimoennis – Kelheim
Ambra – Ammer
Andrastabriga – Milseburg
Armisium – Metzingen
Artobriga – Neukirchen am Teisenberg
Artodunum – Baier
Augusta Treverorum – Trier
Augusta Vindelicorum – Augsburg
Aventicum – Avenches
Bacenis Silva – Buchengau
Beda Vicus – Bitburg
Biriciana – Weissenburg
Borbetomagus/Bormetomagus – Worms
Bratananium – Gauting
Brigantium – Bregenz
Brigobanne – Hüfingen
Brocomagus/Brucomagus – Brumath
Cassiliacum – Leutkirch
Clarenna – Donnstetten
Condate - Konz
Grinario – Köngen
Iciniacum – Theilenhofen
Licca – Lech
Luna – Lone
Matisona – Metter
Moenus – Main
Murra – Murr
Opia/Opie – Ipf
Part(h)anum – Partenkirchen
Pomione – Faimingen
Pyrene - Villingen
Salodurum – Solothurn
Segodunum – Steinsburg
Sumelocenna – Rottenburg
Tasg(a)etium – Eschenz
Tenedo – Zurzach
Vemania – Isny
Venaxamodurum – Neuburg a. d. Donau
Vicus Matisonensium – Walheim
Vicus Scuttarensium – Nassenfels
Virdo – Wertach
Vitudurum – Winterthur

8.11.07 fg
rev. 7.12.16 fg